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Wie machen es die Aale ?

Die schlangenhaften Glitschfische sind in sexueller Hinsicht die diskretesten Tiere der Welt. Für den Zeugungsakt ziehen sie sich in die tiefsten Tiefen des berüchtigten Bermuda-Dreiecks zurück. Seit Generationen versuchen Forscher, Aale dabei zu beobachten. Sie folgten ihnen auf Schiffen, tauchten mit U-Booten hinterher, durchkämmten die Sargassosee (dort liegt das Versteck der Aale) mit Netzen und hefteten Pfadfinder-Aalen Peilsender an - vergeblich. Noch nie ist ein laichender Aal im Atlantik gesichtet oder gefangen worden.

Der Europäische Flußaal (eine von 16 Flußaal-Arten, die sich in unterschiedlichen Meeresregionen vermehren) unternimmt eine 7 000 Kilometer lange Hochzeitsreise aus den Flüssen und Seen der Alten Welt vor die Küste Nordamerikas. Hat ein Aal 32 Prozent Fett im Leib, hört er mit dem Fressen auf. Sein Darm schrumpft und seine Augen wachsen (damit er in der Tiefsee besser sehen kann). Dann versucht er mit allen Mitteln, in den Atlantik zu gelangen. Kleinere Strecken schlängelt er sich notfalls auch über Land. Innerhalb von zwei bis drei Jahren schaffen es die winzigen Aallarven dann wieder zurück nach Europa.

Die sexuelle Diskretion der Aale hat schon antiken Naturforschern Kopfzerbrechen bereitet. Aristoteles glaubte, die Erde selbst spucke Jungaale aus. Plinius der Ältere vermutete, daß aus alten Hautfetzen der erwachsenen Tiere neue Fischlein entstünden. Andere Theorien besagten, daß sich der mysteriöse Speisefisch aus Pferdeschweifhaaren oder kleinen Käfern entwickle.

Mehr Licht in das Dunkel der Aalproduktion brachte der Däne Johannes Schmidt, der zwischen 1904 und 1922 Aallarven im Atlantik verfolgte. Der Fischforscher steuerte sein Schiff immer in die Richtung, wo er die kleinsten Larven entdeckt hatte, so lange, bis er noch kleinere fand. Endlich stieß er in der Sargassosee auf Winzaale, die aussahen wie frisch geschlüpft. Und dort endete die Spur. Wo genau die große Aalorgie stattfindet, blieb im Dunkeln der Tiefsee. Deutsche Wissenschaftler versuchten es mit einem Trick. Durch Hormonbehandlung brachten sie weibliche Aale zur Eierproduktion, statteten sie mit Drucksensoren und einem Sender aus und entließen sie über dem vermuteten Laichgebiet in der Sargassosee. Doch in 700 Metern Tiefe verstummten die Funksignale.

Kein Wunder, daß die Aale nicht gestört werden wollen, denn die Zeugung ist für sie ein einmaliges Erlebnis. Und das ist wörtlich gemeint: Aale tun es nur einmal im Leben. Nur wenige Tiere brauchen so lange bis zur Geschlechtsreife. Manche Aale sind bereits über 18 Jahre alt, wenn sie das erste (und letzte) Mal in ihrem Leben Sex haben. Nach der Eier- oder Samenabgabe sterben sie.

Und weil Sex bei ihnen erst im hohen Alter eine Rolle spielt, können sie sich mit der Vorbereitung darauf viel Zeit lassen. Erst nach Jahren entwickeln sich die neutralen Jungaale zu Männchen oder Weibchen. Faule Fische, die in den Mündungsgebieten der Flüsse verweilen, werden zumeist männlich. Energiebündel, die sich zu den Quellen emporkämpfen, neigen zur Weiblichkeit und werden größer.

Früher gehörten Aale zur Volksapotheke, unter anderem als sexuelle Stimulans für Nutztiere. So hat man auf dem Lande lebendige Aale verfüttert, um die Fruchtbarkeit des Viehs zu steigern. Der Schweizer Naturforscher Conrad Gesner (1516-1565) berichtet von Pferdehändlern, die lebende Aale in den After der Tiere kriechen ließen, damit die Rösser "ganz geyl und muthig scheinen" und so auf dem Markt einen höheren Preis erzielten

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